Erfolge und Hürden für Nachhaltigkeit am STW Vorderpfalz
Dieser Text ist ein Gastbeitrag, der von Thomas Mosthaf (Abteilungsleitung Kommunikation / Projektförderung) vom Studierendenwerk Vorderpfalz für uns verfasst wurde. Vielen vielen Dank dafür! Am Text wurden von uns keinerlei inhaltliche Änderungen vorgenommen.
Wofür steht das Studierendenwerk?
Das Studierendenwerk Vorderpfalz versorgt in fünf Mensen ca. 15.000 Studierende in Landau, Germersheim, Ludwigshafen und Worms mit täglich frisch gekochten Mahlzeiten aus dem Pfälzer Gemüsegarten. Das Studierendenwerk Vorderpfalz ist mit 151 Mitarbeiter:innen eines der kleineren deutschen Studierendenwerke. 204.687 Essen geben wir gegenwärtig im Jahr aus und generieren dabei einen Umsatz von 1.065.971 Euro.
Unsere Philosophie – Frische Zutaten lecker zubereitet.
Frisch gekocht ist gut gespeist. Unsere Mensen werden täglich mit frischen Lebensmitteln beliefert, die Lagerhaltung beschränkt sich weitgehend auf Trockenware (z.B. Nudeln). Erfahrene Köch:innen bereiten Fleisch, Fisch, Gemüse und Beilagen mit ihrem handwerklichen Können so zu, dass sie mittags pünktlich auf den Tisch kommen. Gekocht wird nicht auf Vorrat, sondern es wird im Laufe des Mittags nachproduziert. Auch wer erst um 13 Uhr kommt, hat ein frisch zubereitetes Menü auf dem Teller.
Dabei achten wir besonders auf Nachhaltigkeit. Für unser Team ist Nachhaltigkeit nicht nur eine Worthülse oder „Greenwashing“. Wir leben Nachhaltigkeit! 2019 erhielten wir für unsere Bemühungen daher auch den rheinland-pfälzischen Umweltpreis für:
- den kompletten Verzicht auf Einwegbechern in allen unseren Cafeterien ab 2018,
- den Einsatz einer künstlichen Intelligenz in der Speiseplanung – noch lange bevor das Thema medial sexy wurde (2018) – und damit Reduktion des Wegwurfs von Lebensmitteln um 42%,
- die Energiegewinnung in Biogas-Anlagen aus den Speiseresten der Mensa-Gäste,
- die Selbstverpflichtung für den regionalen und saisonalen Einkauf von Lebensmittel
- die Unterstützung fairer Lebensmittel beim Einkauf unseres Cafeteria-Sortiments
Dieser Erfolg war nur möglich, weil wir in engen Austausch mit unseren Gästen standen und stehen. Vielen Entscheidungen – wie zum Beispiel der Entscheidung für den Bann von Einwegbechern – waren Gästebefragungen vorausgegangen. Bei der Frage „Einweg oder Mehrweg“ hatten 96% unserer Befragten für den Mehrwegbecher votiert. Seither trinken alle Gäste ihre Heißgetränke aus entweder selbst mitgebrachten Tassen oder Pfand-Bechern von recup. Auch unsere Selbstverpflichtung beim Einkauf von Fleisch – kein Rind- oder Schweinefleisch aus mehr als 300 km Entfernung (Aufzucht, Schlachtung und Transport) – kam bei der Kundschaft sehr gut an.
Die ständig steigenden Essenszahlen bis zur Pandemie waren für uns die Bestätigung, dass dieser Weg der richtige ist und bei den Gästen ankommt. Mit der Pandemie und mit der verstärkten Online-Lehre sind auch bei uns die Essenszahlen eingebrochen und haben sich bis heute nicht vollständig erholt. Aber wir gehen unseren Weg dennoch weiter.
Erfüllung von Kundenwünschen
Die Verstärkung der veganen Ernährung wurde uns von Seiten einiger Hochschulgruppen herangetragen. Wir haben auf diese Wünsche reagiert, haben Gespräche mit den Hochschulgruppen geführt, haben unseren kompletten Speiseplan umgekrempelt mit komplett neuen, veganen Rezepturen und dann eine Testphase eingeläutet. Nach der Testphase war klar: vegane Ernährung ist keine Eintagsfliege oder ein kurzfristiger Hype, sondern klarer Kundenwunsch. 50% aller verkauften Gerichte waren vegan, an einigen Standorten sogar 60%. Wir haben daher eine komplett vegane Essensline zum Standard gemacht und in den letzten Jahren sogar mit komplett veganen Semesterferien experimentiert. Das gab uns in den Semesterferien zum einen die Möglichkeit, effektiver zu arbeiten und andererseits die Chance über unser „Extra des Tages“ fleischliche Zutaten restlos zu verarbeiten. Denn nicht jeder mag immer vegan, ein wenig Abwechslung muss sein. Darüber hinaus konnten wir den Wegwurf wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatums absolut minimieren. Nach den Semesterferien waren unser Warenlager leer und bereit für ein neues Semester.
Wie immer hatte auch der Schritt hin zu den veganen Semesterferien kleinere Hürden. Es gab auch Widerspruch von Fleischessern darüber, dass es nicht jeden Tag eine fleischliche Alternative gab. Das gehört zur Wahrheit dazu. Auf der einen Seite gewinnt man neue Gäste, auf der anderen Seite verliert man aber auch Gäste, die mit der Umstellung des Speiseplans weniger zufrieden sind. Mittlerweile haben wir dabei einen sehr guten Mittelweg gefunden und haben unsere Entscheidung nicht bereut.
Nachhaltigkeit hat Hürden
Aber Nachhaltigkeit hat auch ganz andere, viel größere und bedauerliche Hürden. Manche davon – wie Anpassung des Einkaufs, Anpassung des Speiseplans und eine engere Kommunikation mit den Gästen – konnten wir gut meistern. Andere blieben, sind und bleiben wohl eine Hürde. Warum?
Mensa-Essen ist nur mit Zuschüssen des Landes so günstig anzubieten. Die Zuschüsse des Landes haben in den letzten 10 Jahren aber nicht mit den Preissteigerungen beim Einkauf mitgehalten. Um 2,5% sind die Zuschüsse des Landes zur Verbilligung von Mensaessen in den letzten 10 Jahren gestiegen, die Preise für Energie, Personal und Lebensmittel aber um 25%. Und da ökologisch produzierte Lebensmittel durch die Bank teurer sind als konventionell produzierte, stößt Nachhaltigkeit in der Mensa beim Einkauf schnell an wirtschaftliche Grenzen. Das ist bei uns zur Zeit der Fall: Wir können nicht noch nachhaltiger werden, ohne die Mensa-Preise massiv zu erhöhen. Und teures Mensa-Essen widerspricht natürlich unserer Studierendenwerks-DNA. Wir müssen unseren derzeitigen Nachhaltigkeit-Level daher vorerst einfrieren, bis die wirtschaftlichen Rahmendaten wieder besser sind oder die Landes-Zuschüsse in der betriebswirtschaftlichen Gegenwart ankommen.
Ach ja, eine eher unerwartete Hürde muss hier ebenfalls noch thematisiert werden: Nachhaltigkeit ist unbequem! Nachdem wir auf Mehrwegbecher mit Pfand – auf Kundenwunsch – umgestellt hatten, mussten wir einen Umsatzrückgang beim Kaffeeverkauf um 10% feststellen. Es ist eben unbequem, immer an den Pfandbecher zu denken oder den Bechern mit Restkaffe in den Rucksack zu stecken, statt ihn in der nächsten Mülltonne zu entsorgen. Wir sind unserer Line aber trotzdem treu geblieben.
Fazit
Nach all den Jahren fokussiert sich die Auseinandersetzung mit dem nachhaltigen Einkauf immer wieder auf ein einziges Kernthema: Wer bezahlt für Nachhaltigkeit? Der Studierende an der Mensa-Kasse? Das Land mit höheren Zuschüssen? Die Hochschule, deren Gäste wir versorgen? Auf diese Frage gibt es für uns bisher keine befriedigende Antwort. Bis das der Fall ist, frieren wir unsern Status Quo im Einkauf ein, sortieren zu teure Lebensmittel aus (Fisch mit einem Fang-Label ist zum Beispiel exorbitant viel teurer geworden) und versuchen alles, dass Studierende weiterhin so günstig wie möglich bei uns essen können. Wobei – etwas ärgert uns ja schon. Das muss hier auch mal gesagt werden. 4 Euro für ein Mittagsmenu mit Suppe, Hauptgericht, Salat und Dessert sind ein absolutes Schnäppchen. Vor kurzem habe ich an meinem bevorzugten Imbiss einen – zugebenermaßen sehr guten – Falafel für 8,5o Euro gegessen. Da wird deutlich, wie günstig wir nach wie vor sind. Und außerdem dazu noch lecker…
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